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10.02.2010 EJZ

Einen Vormittag "Berufe angucken"

Beim "Tag der offenen Tür" erkundeten Haupt- und Realschüler eher vorsichtig die Berufsbildenden Schulen in Lüchow

by Lüchow. Wie einschüchternd die Berufsbildenden Schulen, dieser verzweigte Bau mit zwei Standorten in Lüchow, auf diejenigen wirken müssen, die zurzeit vor der Entscheidung stehen, was sie nach der Schule machen wollen, ist vielen Schülerinnen und Schülern der BBS gestern beim Tag der offenen Tür wieder bewusst geworden. "Die fragen ja gar nichts", "man muss sie sich ranholen" - diese Erfahrungen machten viele von ihnen, die den Jugendlichen aus den Haupt- und Realschulen im Landkreis ihren Ausbildungsberuf vorstellen und deren Fragen beantworten wollten.

Auf diese Aufgabe hatten sie sich sehr ideenreich und zum Teil auch spielerisch vorbereitet, dazu gab es viele schriftliche Informationen, zum Teil auch Listen mit Firmenanschriften zum Mitnehmen. Und appetitliche kalte und warme Snacks waren auch noch zu haben.

In insgesamt 34 Klassenräumen und Werkstätten wurde von den BBS-Schülern und auch Lehrkräften vermittelt, was zum Beispiel Industriemechaniker tun, wie die Tischlerausbildung aussieht, was Bürokaufleute können müssen, welche Arbeitsbereiche zur Altenpflege gehören oder was Sozialpädagoginnen und -pädagogen spielend kleinsten und kleinen Kindern an Wissen vermitteln. Einige der Schülerinnen und Schüler wissen, was für sie nach der Schule kommen soll, andere schwimmen noch, wollten gestern "Berufe angucken", um mehr Klarheit für sich zu gewinnen. Jana-Marie und Lina von der Bernhard-Varenius-Schule in Hitzacker wollen Tierpflegerin beziehungsweise Erzieherin werden. Die Erfahrungen, die sie an den "Praxistagen" in verschiedenen Firmen und Einrichtungen und auch bei längeren Praktika machten, haben sie darin bestärkt. Doch zunächst werden sie die Berufsfachschule Hauswirtschaft besuchen, um den notwendigen Realschulabschluss zu machen. Auch Miriam von der Jeetzelschule in Lüchow hat über Praktika mehr Klarheit bekommen: "Einzelhandel ging so, im Kindergarten hat es total viel Spaß gemacht". Jetzt will sie Erzieherin werden, sich als Migrantin besonders um die anderen Migrantenkindern kümmern, zwischen Kita und Eltern vermitteln.

Andere Jugendliche irrten eher etwas ziellos umher, ihnen war anzusehen, dass ihnen diese Schule "ein bisschen unheimlich" ist, wie ein Jugendlicher sagte, der Wechsel werde schon eine Umstellung sein, auch wenn mancher ahnte, "dass man sich irgendwann daran gewöhnt haben" werde. Gestaunt wurde, dass die BBS "so viel Maschinen" hat und deshalb mehr nach einem richtigen Arbeitsplatz als nach Schule aussieht. Und wieder andere, wie Pascal von der Nicolas-Born-Schule in Dannenberg, trauten sich und griffen im Salon der Berufsfachschule Friseurtechnik zu Kamm und Lockenwickler. Tischler, Koch, Friseur - das sind Berufe, die Pascal für sich vorstellen kann, erste Bewerbungen sind längst losgeschickt. Sein Freund Arthur schwankte zwischen Tischler und Maurer und einem Metallberuf, nach dem Besuch in den Werkstätten schien ihm Tischler am meisten zuzusagen.

Die Berufsberaterinnen der Agentur für Arbeit, Birgit Voß und Doris Nimz, waren gestern auch mit einem Stand in der BBS vertreten - viele der Jugendlichen kennen sie längst, haben in den vergangenen Monaten intensiv auf diesen Tag hin beraten. Zu oft, so ihre Erfahrung, legten sich die Jugendlichen zu schnell auf einen Beruf fest, der ihnen halbwegs annehmbar erscheine, anstatt auch noch rechts und links zu schauen, was es sonst noch gibt. Schulleiterin Ilka Burkhardt-Liebig weiß um "den Bammel vor dem Moloch BBS" mit seinen vielen Schulformen. Die Schülerinnen und Schüler hätten noch nie so viele Wahlmöglichkeiten gehabt wie heute. Das führe dazu, dass sie kapitulieren, gar nicht mehr wissen, was sie tun sollen. Zudem hätten sie das Gefühl, aus dieser unüberschaubaren Menge den Beruf für ein ganzes Leben finden zu müssen. Deshalb flüchtete sich mancher aus Angst vor der Entscheidung zunächst wieder auf eine Schule. Die BBS und die Nicolas-Born-Schule in Dannenberg gehen künftig neue Wege, um die Berufsfindung zu erleichtern und zu entspannen: Die 8. Klasse wird künftig jeden Mittwoch an die BBS nach Lüchow gehen und dort beim Praxistag alle Bildungsangebote kennenlernen. Parallel dazu werden auch Lehrkräfte der einen Schule an der anderen unterrichten.

Bild: Wie bekommt man eine Haarsträne um den Lockenwickler? Pascal Hielscher von der Nicolas-Born-Schule probierte es aus. Aufn.: Ch. Beyer